2006 – Prag
Die Prag-Reise vom 4. bis 7. Mai 2006
Ankunft nach sicherer Busfahrt im „goldenen Prag“. Begrüßung durch unseren tschechisch sprechenden Cicerone Reinhard Willinger, der uns im Laufe der Tage alle Annehmlichkeiten ermöglichte, die Kenntnis der tschechischen Sprache und Lebensart erfordern. Über die von Heiligen-Statuen gesäumte Karlsbrücke, einst eine „Bekehrungsroute der Gegenreformation“, gelangten wir zum „Altstädter Ring“ mit der gotischen Teynkirche sowie dem Rathaus und seiner astronomischen Uhr. Das 1915 zum 500. Todestag des Reformators Jan Hus aufgestellte Denkmal von Ladislav Saloun hat uns durch seine Monumentalität und das Pathos der Figuren beeindruckt, aber auch an Auguste Rodin erinnert. Zurück über die Karlsbrücke stiegen wir hinauf zum Hradschin, einer Burg-Festung, die schon in vorromanischer Zeit von einem Handelsweg durchzogen war. Sie entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem geistlichen und weltlichen Mittelpunkt Prags. Die heutigen drei Burghöfe umfassen das „Matthiastor“ aus dem frühen 17. Jhdt., die barocke „Heilig Kreuz Kapelle“, den „Alten Königspalast“, die gotische „St. Veits Kathedrale“, im Auftrag Kaiser Karl IV. unter Leitung Peter Parlers gebaut, die romanische, später außen barockisierte “ St. Georgs Kirche“ und das “ St. Georgs Kloster“. Maria Theresia ließ im 18. Jh. die weltlichen Bauten des Hradschin durch ihren Baumeister Nikolaus von Pacassi in einem vereinheitlichenden Stil umbauen und ergänzen, so entstanden die langgestreckten Fensterfluchten und Firstlinien unter Einschluss aller älteren Bausubstanz. Mit einem Blick von der Burgmauer über Prag und die Moldau fand unser erster Tag seinen Abschluß.
Freitag, 05. Mai 2006
Im Schnellschritt ging es quer durch Prag und nochmals hinauf auf den Hradschin. Dort wurden die Studierenden und die Gasthörerinnen bzw. Gasthörer (innerhalb des akademischen Viertels) von Professor Dickel begrüßt. Nachdem wir uns ausführlich der Südfassade von St. Veit gewidmet hatten, bahnten wir uns den Weg ins Innere. Im Anschluss an das Spontanreferat von Frau Waskey zur Parler-Skulptur sprach Professor Dickel über den Innenraum und den Hochchor der Kirche. An der Wenzelskapelle angelangt, verteidigte unsere Referentin, Frau Otto, selbstbewusst und stimmgewaltig die Position der Erlanger Kunstgeschichte gegen angreifende internationale Touristengruppen. En passant wurden auch noch die Jugendstilfenster Alfons Muchas gewürdigt. Anschließend stürmte unsere 35-köpfige Horde die Alte Nationalgalerie. Das sichtlich überforderte Aufsichtspersonal war während der ausführlichen Betrachtung von Albrecht Dürers Rosenkranzfest – einem der Höhepunkte der Reise – sehr streng mit uns. Im Kontrastprogramm widmete sich die Gruppe auf einem Spaziergang durch das ehemalige Arbeiterviertel Novy Svet den Aktionen des slawischen Maestro des Happenings, Milan Knizak. Nach einem kurzen Mittagssnack trafen sich die Bildungstouristen im Kloster Strahov, um einen flüchtigen Blick auf das Deckenfresko des Bibliothekssaals von Franz Anton Maulbertsch zu erhaschen. Die umfangreiche Sammlung des Kuriositätenkabinetts schaffte es nur für kurze Zeit, uns von den kunstgeschichtlichen Schätzen abzulenken. Für die beiden letzten Punkte der Tagesordnung hieß es jedoch noch einmal alle Grundkenntnisse zusammensuchen, um in korrekter Architekturterminologie die Fassaden der Loreto-Kirche und des Palais Czernin zu beschreiben. Spät abends klang der zweite Tag in der Goldenen Stadt durch eine gelungene Einladung der Gasthörer und Gasthörerinnen für alle Studierenden beschwingt aus in einem Kleinseiten-Restaurant in einem ehemaligen Pferdestall.
Samstag, 06. Mai 2006
Zum Frühstück gab es heute keine Gurkenscheiben. Dabei hätten die Studierenden eine Gurkenmaske gut gebrauchen können, um die Ringe unter den Augen professionell zu behandeln. Aber ohnehin war keine Zeit für Kosmetik. Denn schon frühmorgens wurden sie gemeinsam mit den Gasthörerinnen und Gasthörern von Professor Dickel vor dem Altstädter Brückenturm begrüßt. Der ersten Referentin gelang es stimmgewaltig, die ohrenbetäubende Musik aus dem Souvenirshop zu übertönen. Gegenüber des Turmes stehen zwei Kirchen: die St. Franziskuskirche und die Salvatorkirche. Über erstere hörten wir ein Referat, bei der letzteren bestand für den akademischen Nachwuchs die Möglichkeit, anhand der Attribute den Kirchenvätern die richtigen Namen zuzuordnen. Danach wandte sich die Gruppe auf der Karlsbrücke der Ikonographie der Heiligen, insbesondere dem Hl. Nepomuk und der Hl. Luitgard zu. Nach einer kurzen Kaffeepause empfing die barocke Fassade von der Dientzenhoferkirche St. Nikolaus auf der Kleinseite alle Blicke unserer Gruppe. Eine opulente Ferrari-Show auf dem Platz vermochte es kaum, die Aufmerksamkeit, zumindest des weiblichen Teils der Gruppe, abzulenken. Die nächste Station war die wunderschöne Gartenanlage des Palais Waldstein, in der uns Bronzeplastiken von Adriaen de Vries begrüßten. Das mythologisch-kriegerische Programm der sala terrena wurde von Gasthörer Dr. Michael Kliem nahezu gänzlich dechiffriert. Nach einem kurzen Mittagessen ging es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (hier hatte die Gruppe das erste Taschendiebstahlsopfer zu beklagen) gen Neue Nationalgalerie. Zur Sprache kamen Frantisek Kupka und der Orphismus, Kubismus international, Tschechischer Kubismus, das Architekturmodell des Nationaltheaters und Landschaftsmalerei von Oskar Kokoschka. Letzter Treffpunkt war am Abend das Dancing House von Frank Gehry, wo sich die Betrachter in Abendrobe schon einmal anhand Ginger und Fred musikalisch auf einen Abend in der Oper „einswingen“ konnten.
Sonntag, 07.05.2006
Morgendlicher Spaziergang durch die noch menschenleere Prager Altstadt zur Teynkirche: „Gotik im Harnisch“, gebaut in bürgerlicher Konkurrenz zum Hradschin. Vor dem Haus „Zur Schwarzen Muttergottes“, einem von Josef Gocar 1911 entworfenen Kaufhaus, hören wir ein Referat zur tschechischen kubistischen Architektur, die das Mauerwerk gegen alle Statik auffächert. Dann vorbei an der eleganten Pariser Straße in das Prager Judenviertel. Zwei Historikerinnen führen uns durch die Ausstellung über jüdisches Leben und Bräuche in der zum Museum umgestalteten Frauen-( Maisel ) Synagoge; erschütternd der Besuch der Pinkas-Synagoge mit den Namen, Geburtsdaten und -orten von80000 tschechischen Juden, die während der NS-Zeit ermordet wurden. Auf dem Friedhof das Grab des Rabbi Löw, des Schöpfers des „Golem“. Eine Augenweide für Freunde des Jugendstils schließlich das Gemeindehaus. An der Fassade mischen sich florale und geometrische Elemente, Mosaike und Malerei, Glas- und Kunstschmiedearbeiten%0Ein feinstem Jugendstil zieren Säle und Treppenhäuser. Auf der Rückfahrt kurzer Aufenthalt in Karlstein, dem Refugium Karl IV. (leider nur von außen ). Die Burg war niemals Wehranlage oder Wohnsitz des Kaisers. Sie sollte die Krönungsinsignien und die Reliquiensammlung aufnehmen. Aus dem böhmischen Mittelalter non stop zurück nach Erlangen. Eine schöne und lehrreiche Exkursion war zu Ende.