2013 – Wien
Die Wien-Exkursion des Instituts für Kunstgeschichte vom 18. bis 22. März 2013 mit Herrn Prof. Dr. Dickel
Montag, 18. März
Die Exkursion nach Wien sollte das Hauptseminar „Wien um 1900” abschließen. Mit einer Gruppe von zwölf Studenten und vierzehn Gasthörern unter Leitung von Professor Hans Dickel, Siegrun und Peter Mörtel fuhren wir frühmorgens von Nürnberg nach Wien. Der lehr- und arbeitsreiche Aufenthalt begann mit Architektur-Referaten, die uns mit passender Terminologie über die wichtigsten Bauwerke des Historismus und des Jugendstils informierten. Die Neue Hofburg im monumentalen Kaiserforum am Heldenplatz sollte den imponierenden Auftakt bilden. Wenig später beeindruckte uns auch der Prunkbau des Michaelertraktes der Hofburg, bevor wir alle Aufmerksamkeit dem Looshaus des berühmten Wiener Architekten Adolf Loos widmeten. Unsere Route führte weiter zum Kohlmarkt an den Portalen der Buchhandlung Manz und des Kerzengeschäfts Retti vorbei, bis wir am Artaria Haus Max Fabianis zum Jugendstil gelangten. Vom Kohlmarkt flanierten wir zum Graben, wo weitere Geschäftshäuser, von Pietro Palumbo, das Ankerhaus von Otto Wagner oder das Portal des Schneidersalons Knize von Paolo Piva besichtigt wurden. Nach kurzer, wärmender Kaffeepause sahen wir die Fassade des Zacherlhauses. Weitere Referate erläuterten die Ankeruhr von Franz Matsch, die Hohe Brücke von Josef Hockhofer und die Engel-Apotheke. Zum Abschluss des ersten Tages hörten wir ein Referat über das opulente Burgtheater an der Ringstraße mit seiner von Statuen gesäumten Fassade. Einige Exkursionsteilnehmer hatten am Abend noch die Kraft für die Burgtheater- Aufführung „Der ideale Mann“ von Elfriede Jelinek/ Oscar Wilde.
Dienstag, 19. März
Der Dienstag begann früh am Morgen mit Referaten zu den Stadtbahn-Stationen „Stadtpark“ und „Karlsplatz“ von Otto Wagner. Bis zur Öffnung der Secession konnten wir uns vor dem Gebäude mit dessen Baustil sowie der Institutsgeschichte vertraut machen, um anschließend die Innenräume zu besichtigen und den Beethoven-Fries zu besprechen. Unsere Mittagspause gönnten wir uns am Naschmarkt, bevor wir zur Österreichischen Galerie im Oberen Belvedere aufbrachen. In der umfangreichen Sammlung von Meisterwerken führten die Referate zu Bildern von Hans Makart, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka und Egon Schiele zu interessanten philosophischen Fragen und lebhaften Diskussionen über die Gender-Fragen der Jahrhundertwende. Im Gespräch sammelten wir unsere Gedanken, um sie mit Hilfe der Hintergrundinformationen zu Künstlern und Werken zu bündeln. Die weitere Route führte anhand gut vorbereiteter Referate zum Portoise & Fix Gebäude in die Ungargasse, bis wir in der Kundmanngasse angelangten, in der der Karl-Borromäus-Brunnen und das schlichte, elegante Palais Wittgenstein unsere Aufmerksamkeit anzogen. An der letzten Station des Dienstages bestaunten wir die Fassade der American Bar von Adolf Loos. Am Abend bestand für einige die Möglichkeit die Oper „Le Nozze de Figaro“ von Mozart in der Wiener Staatsoper zu besuchen.
Mittwoch, 20. März
Schon recht früh brachen wir zum Psychiatrischen Zentrum an der Baumgartner Höhe auf, da uns dort, am Stadtrand von Wien, eine exzellente Führung des Kustos Herrn Keiblinger erwartete. Die von Carlo von Boog konzipierte und seinem Nachfolger Franz Berger ausgeführte Anstalt beeindruckte nicht nur mit ihrer streng achsialen Anordnung der Baukörper, sondern auch mit Otto Wagners künstlerischem Werk am höchsten Punkt des Areals: der reich verzierten Leopoldkirche. Wieder näher am Zentrum Wiens angekommen, gingen wir von der Straßenbahn zur Villa Vojcsik aus dem Jahre 1901/1902, vor der wir einen lehrreichen Vortrag über den Wagner-Schüler Otto Schönthal hörten. Weiter fuhren wir zu den Wienzeilenhäusern, dem „Moser-Haus“ und dem „Majolika-Haus“, beide in den Jahren 1899/99 nach Plänen von Otto Wagner gebaut. Während das Moser-Haus sich durch vegetabilen Schmuck und Relief-Medaillons auszeichnet, besitzt das Majolika-Haus farbig glasiertes Steingut mit Rankenornamentik. Die Wohnung im Hochparterre des Moser-Hauses richtete Otto Wagner für sich selbst ein. Nach einer Mittagspause am Naschmarkt gingen wir weiter zu Otto Wagners Postsparkasse, die auf einem trapezförmigen Grundriss 1903/12 errichtet wurde. Im Inneren konnten wir sehen, wie detailreich Wagner nicht nur die Fassade sondern auch die Schalterräume, unter einer gekrümmten Rippenglashaut und über Glasbausteinen im Bodenbereich, gestaltet hat. Sie erinnern an eine dreischiffige Basilika. Wagner verzichtete hier auf Ornamentik und erzielte dennoch eine elegante, reine Raumwirkung. Der Weg führte weiter zur pompösen Staatsoper. Von August von Sicardsburg und Edward van der Nüll geplant und ausgeführt, wird der Stil der Neorenaissance hier klar ersichtlich. Wir sahen einen massiven Kerntrakt, in dem sich der Bühnen- und Zuschauerraum sowie die Feststiege befinden. Zur Ringstraße ist dem Baukörper eine Loggia vorgelagert. Im Burggarten erholten wir uns kurz bei einem Referat zum Palmenhaus (Jugendstil 1899/11) – in den ersten Sonnenstrahlen eines langen Winters. Nach einem Blick auf die einschüchternde Gartenseite der neuen Hofburg fanden wir uns vor dem Parlament ein, um den Abschlussvortrag des Tages zu hören. Von 1871 bis 1883 erbaut und von Theophil von Hansen geplant, wurde es im neoklassischen Stil gebaut und mit anspruchsvollem figürlichen Programm ausgestattet. Die Oper „Aida“ bot einen grandiosen Abschluss des Tages.
Donnerstag, 21. März
Der Donnerstag begann mit der Vorstellung des neuen Wiener Rathauses von Friedrich Schmidt. Von 1872 bis 1883 wurde es im Stil flämischer Gotik erbaut und gilt als bedeutendster Profanbau im neugotischen Stil. Unweit des Rathauses versammelten wir uns auf dem Maria-Theresia-Platz vor dem Kunsthistorischen Museum gegenüber des Naturhistorischen Museums und hörten zunächst ein Referat über das Denkmal Maria Theresias. Die beiden Museumsbauten bereiten mit der künstlerischen Gestaltung ihrer Fassaden auf den Besuch ihrer Sammlungen vor. Unser Augenmerk lag an diesem Tag auf der Gemäldesammlung. Mit Hilfe von Referaten erschlossen wir uns Hauptwerke der europäischen Kunstgeschichte, Tizians „Danae“ und „Kirschenmadonna“, Giorgiones „Die drei Philosophen“, Raffaels „Madonna im Grünen“, Arcimboldos „Sommer“, Caravaggios „Rosenkranzmadonna“, Correggios „Entführung des Ganymed“, Guido Renis „Hl. Hieronymus“, Annibale Carraccis „Venus und Adonis“, Velázquez´ „Infantin Margareta Teresa“, Rogier van der Weydens „Kreuzigung“, Albrecht Altdorfers „Auferstehung Christi“, Albrecht Dürers „Allerheiligenbild“, Pieter Brueghels „Bauernhochzeit“ und Peter Paul Rubens´ „Die vier Erdteile“. Außerdem begrüßte uns der Kurator Dr. Guido Messling, der es uns auch ermöglichte, die Restaurierungswerkstätten zu besuchen. Dort konnten wir einen Blick hinter die Kulissen des Museumsalltags werfen und erfahren, wie viel Geduld die Aufarbeitung eines Gemäldes erfordert. Die Restauratorin zeigte uns, welche Ergebnisse man durch Röntgenaufnahmen eines Gemäldes erzielen kann. Außerdem lernten wir etwas über die Oberflächenreinigung der Bilder und den sogenannten leidigen Firnisbefall. Am Ende des Museumstages wurden wir von den Gasthörern in ein traditionelles, österreichisches Heurigen-Lokal eingeladen, wofür wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken wollen. Bei hausgemachten österreichischen Schmankerln konnten wir unseren Wien-Aufenthalt stilecht abrunden.
Freitag, 22. März
Als Auftakt unseres letzten Wien-Tages besuchten wir die Strudlhofstiege unweit unseres Hotels. Nach einem Referat zur Votivkirche am Rooseveltplatz bildete der Besuch im Leopoldmuseum den Abschluss der Exkursion, diesen hatten wir uns als letzten Punkt unseres dichten Besichtungsprogramms aufgehoben. Der moderne Gebäudekomplex des Leopoldmuseums im Museumsquartier mit seinen Exponaten war ein Kontrastprogramm zu den prunkvollen Bauten des Historismus. Durch weitere Referate wurden uns die Highlights der umfangreichen Sammlung präsentiert. Neben den vorbereiteten Präsentationen gab es hier auch spontane, improvisierte Kurzreferate, an denen sich auch die Gasthörer motiviert beteiligten. Bis zur Abreise am späten Nachmittag genossen wir noch ein paar freie Stunden, so ging eine gelungene und lehrreiche Exkursion in entspannter Atmosphäre zu Ende.
An dieser Stelle bedanken wir uns bei den mitreisenden Gasthörern des Freundeskreises des Instituts, die durch ihre aktive Teilnahme und ihre Diskussionsbeiträge den Aufenthalt bereichert haben und ebenso durch ihre finanzielle Unterstützung die Studienfahrt erst ermöglicht haben. Dem Ehepaar Mörtel danken wir für ihre perfekte Planung, ihre hervorragende Führung und Siegrun Mörtel für ihre interessanten Vorträge, die wir sehr genossen haben. Unser ausdrücklicher Dank gilt Herrn Professor Dickel für seine exzellente Organisation, sein Engagement und seine Mühen, durch die wir wunderbare Tage in Wien verbringen durften.
Text: Melissa Exner und Susanne Lettner, Bildbearbeitung: Viktoriia Beran
Hier finden Sie die Präsentation der Exkursion als PDF.