2012 – Documenta-13
Exkursion nach Kassel und zur DOCUMENTA (13) vom 23. – 26. August 2012
Die Exkursion nach Kassel und zur documenta 13 war der Abschluss eines Seminars zur Geschichte der documenta. Sie gab uns die Möglichkeit, historisches Wissen durch den Besuch der aktuellen Ausstellung zu ergänzen.
Tag 1: Stadtraum Kassel und Karlsaue
In aller Frühe machte sich unsere Gruppe auf den Weg vom Nürnberger Bahnhof via ICE nach Kassel. Am ICE-Bahnhof Wilhelmshöhe angekommen, hörten wir gleich das erste Referat zu dessen Architektur, die den Spitznamen Palast der tausend Winde trägt.
Die Arbeit von Jonathan Borofsky Man walking to the sky zog uns anschließend in den documenta-Bann, erfreut sie sich doch schon bei vielen Bürgern und Besuchern großer Beliebtheit. Über die Treppenstraße, die das Flair der Fünfziger Jahre ausstrahlt, gelangten wir zum Hauptaustragungsort der d 13, dem Friedrichsplatz. Dort konnten wir uns Werke wie den Vertikalen Erdkilometer Walter de Marias oder die Turmfigur von Stephan Balkenhol durch Vorträge und Diskussionen besser erschließen.
Nach einer Mittagspause durchstreiften wir die Karlsaue, um uns einigen Installationen unter freiem Himmel zu widmen. Das Werk Giuseppe Penones Idee di Pietra, das 2010 als erstes Werk der d 13 enthüllt wurde, versetzte uns ins Staunen. Der geheimnisvollen Arbeit von Song Dong, Doing Nothing Garden versuchten wir eine Kernaussage zu entlocken. Daraufhin machten wir uns ein Bild von Shinro Ohtakes autobiographischer Arbeit Mon Chéri. Der japanische Künstler bezieht sich mit seinem Künstlerpavillon auch auf den Tsunami 2011. Nach einigen weiteren Arbeiten, wie etwa Anri Salas sinnverwirrender Uhr beendeten wir den ersten documenta-Tag und ließen ihn bei einem gemeinsamen Essen ausklingen. (Miriam Rath und Helena Derheim)
Tag 2: Gemäldegalerie und Bergpark Wilhelmshöhe
Am zweiten Tag unserer Exkursion besuchten wir nach einem Exkurs zur Fatima-Friedenskirche das Schloss Wilhelmshöhe, eine der großen Sehenswürdigkeiten der Stadt Kassel. Neben dem Bergpark mit seinen eindrucksvollen Kaskaden und der imposanten Gartenarchitektur beeindruckte uns vor allem die dort befindliche Gemäldegalerie Alte Meister. Ein Sammlungsschwerpunkt kann in der holländischen und flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts gesehen werden, besonders die Werke Rembrandts, der Jakobssegen, Saskia oder auch Die Heilige Familie mit Vorhang sind hervorzuheben. Ausgewählte Werke lernten wir durch Kurzreferate kennen, um sie anschließend gemeinsam vertiefend zu besprechen. Neben der großen Stilvielfalt konnten wir auch die Tradition bestimmter Bildthemen studieren: Seestücke, Küchen- und Marktstücke, Jagdstücke, Portraits sowie Gemälde mit mythologischen oder religiösen Motiven. In der italienischen Sammlung studierten wir zwei venezianische Gemälde, Tizians Bildnis eines Feldherren, das einen unbekannten Edelmann in Siegerpose zeigt und uns durch seine Farbigkeit und detailreiche Darstellung der Kleidung beeindruckte. Zudem hörten wir ein Referat zu Tintorettos Meisterwerk Lot und seine Töchter, das die biblische Geschichte der Verführung Lots nach dem Untergang der Städte Sodom und Gomorrha thematisiert. Nach dem Besuch in der Gemäldegalerie lag der mit 500 Metern Höhe größte Bergpark Europas vor und vor allem über uns. Es galt ihn bis zum kolossalen Herkules zu erklimmen und so machten wir uns auf den Weg durch die um 1800 im englischen Stil umgestaltete Landschaft. Während des Aufstiegs – vorbei am Jussowtempel, dem Äquadukt, der Teufelsbrücke und der Plutogrotte, der 250 m langen Kaskade und dem Neptunbecken – hörten wir einzelne Referate und diskutierten die Affinität zu Disneyland und ähnlichen Phantasielandschaften. Zu Füßen des Herkules wurden wir am Ausklang des Tages mit einem Ausblick über Kassel belohnt. (Marion Deibl und Jasmin Sargin)
Tag 3: Fridericianum, Ottoneum und Karlsaue
Am dritten Tag durften wir vormittags zunächst in kleinen Gruppen die Erfahrung documenta machen, bevor wir uns nachmittags wieder zusammen finden sollten, um unsere Entdeckungen zu besprechen und zu vergleichen. So schwirrten wir vom Hotel aus in alle Richtungen zu den Austragungsorten der d (13): Karlsaue, Fridericianum, Hugenottenhaus oder Kulturbahnhof. Im Fridericianum kam die ganze Gruppe wieder zusammen, um sich durch die Besuchermassen bis in den zweiten Stock vorzukämpfen und dort vor Goshka Macugas Wandteppich ikonographische Überlegungen anzustellen. Wir diskutierten weitere Werke, änderten Meinungen und debattierten etwa über die Zukunft der arabischen Museumswelt und Genforschung. Aber dann war es auch schon Zeit, in das von der documenta bespielte Naturkundemuseum Ottoneum zu eilen und ein Referat über Mark Dion zu hören. Wir lernten was eine Xylothek ist und wie sich Dion mit dieser über 300 Jahre alten Sammlung aus Holzbüchern, dem Medium Buch sowie dem Material Holz beschäftigte.
In der Warteschlange zur begehrten Videoinstallation William Kentridges hörten wir am Sonntagmorgen das erste Referat zum Jalousien-Ensemble der Südkoreanerin Heague Yang. Über einem alten Gleisbett hatte sie Jalousien aufgehängt, die auf und ab fuhren und sich dabei schlossen und öffneten. Der elegante Tanz mit Licht- und Schattenspiel erinnerte uns an bewegtes Stadtleben und war Anlass für eine Genderdiskussion. Schließlich traten wir in die abgedunkelte Lagerhalle, um Kentridges Werk – fünf Videoprojektionen – zu sehen. Im Raum befand sich außerdem eine eigentümliche Holzkonstruktion, die sich im selben Takt fließend bewegte. Fragen über Zeit und Schicksal haben uns nachdenklich gestimmt und wurden ausführlich auf der Terrasse des Bahnhofnordflügels besprochen.
Im Anschluss erlebten wir einen der Publikumslieblinge der documenta. Das seit Jahrzehnten leerstehende Hugenottenhaus hatte Theaster Gates aus Chicago mit seinem Team in einen Ort der Kunst und Musik verwandelt. Wir zogen allein durch die Stockwerke und durften so die dort stattfindenden künstlerischen Interventionen entdecken. Themen dieser temporären Installation sind kultureller Austausch, Recycling von Materialien und vor allem Gemeinschaft. Unser nächster Stop in der Neuen Galerie brachte uns eine Mischung aus Kunst neuer und vergangener documenta-Ausstellungen sowie der Sammlung der Neuen Galerie näher. Der Joseph-Beuys-Raum war zugänglich und so konnten wir Referate zu The Pack und den vier Vitrinen hören. Im ersten Stock widmeten wir uns kurz der informellen Malerei der westdeutschen Nachkriegszeit. Als Abschluss des Besuchs in der Neuen Galerie wurde uns von Herrn Prof. Dickel der zweiteilige Puppenspielfim The Road to Cairo des ägyptischen Künstlers Wael Shawky zu den Kreuzzügen aus Sicht der Araber näher gebracht. Hierdurch entspann sich eine angeregte Diskussion über die technische Qualität dieses Beitrages und ein Vergleich mit der Augsburger Puppenkiste. Eine demokratische Abstimmung hatte schließlich zur Folge, dass einige Exponate aus der Karlsaue entfallen mussten und wir infolgedessen die documenta-Halle besuchten. So entdeckte jeder selbständig den von Yan Lei mit verschiedensten Bildern ausstaffierten Raum, die von dem deutschen Künstler Thomas Bayrle inszenierten Motoren oder auch das Ensemble aus Video, Malerei und Schattenspiel von Nalini Malani. Als Abschluss unserer Exkursion sollte uns im Gloria-Kino noch ein experimenteller Film von Trisha Donelly Fragen aufgeben, bevor wir nach Nürnberg zurückkehrten.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen bedanken sich bei Herrn Dickel für die eindrucksvollen Erlebnisse, Siegrun und Peter Mörtel für die exzellente Organisation und beim Freundeskreis für die finanzielle Unterstützung.
Texte: Marion Deibl, Helena Derheim, Marie Distler, Stefanie Knott, Ella Malzew, Isabell Meili, Miriam Rath und Jasmin Sargin
Fotos: Helena Derheim, Marie Distler, Margita Flügel, Isabell Meili, Jasmin Sargin, Daniela Scheuerlein, Christina Schöner, Yulia Vishnevskaya, Hans Weber und Marian Wild
Zusammenfassung und Präsentation: Christina Schöner
Lektorat: Hans Dickel
Hier finden Sie die Präsentation der Exkursion als PDF.