2012 – Berlin
Berlin-Exkursion (24.-27.02.2012)
Am Morgen des 24. Februar trafen sich die Studierenden und Gasthörerinnen sowie Gasthörer am Nürnberger Hauptbahnhof, um geschlossen nach Berlin aufzubrechen. Nach der knapp fünfstündigen Zugfahrt erwartete uns Prof. Dickel am Berliner Hauptbahnhof und führte uns zu unserer Unterkunft nahe der Museumsinsel. Dort begann das offizielle Programm mit dem Besuch des Bode-Museums, in dessen Eingangshalle „Der Große Kurfürst“ die rund 100 Referate eröffnete. Neben Donatello und spätgotischen Meistern, wie Riemenschneider und Multscher, wurden uns ausgewählte Werke der barocken Skulptur vorgestellt. Anschließend ging es mit der S-Bahn zum Pariser Platz, wo die Architektur der Russischen, Französischen und Britischen Botschaften und das Brandenburger Tor im Mittelpunkt standen. Zum Abschluß sahen wir Sol LeWitts „Wall Drawing“ in der Amerikanischen Botschaft: Die beiden fünfzackigen Sterne regten zu der Annahme an, sie stünden einerseits für den Krieg zwischen den Nord- und Südstaaten und andererseits für die Rolle Amerikas als Schmelztiegel verschiedener Nationen.
Samstag brachen wir früh zu einem Spaziergang an der Spree auf, dessen Ziel der Reichstag mit seiner Glaskuppel darstellte. Diese von Sir Norman Foster 1995 entworfene Konstruktion beeindruckte nicht nur durch ihren trichterförmigen Konus und die ungewöhnliche Anordnung der verglasten Elemente, sondern auch durch den atemberaubenden Blick über Berlin. Den Reichstag selbst schmücken neben der Kuppel auch einige Kunstwerke, zum Beispiel Hans Haackes Arbeit „Der Bevölkerung“ in einem der Innenhöfe, die auf den Schriftzug „Dem Deutschen Volke“ am Frontgiebel des Gebäudes Bezug nimmt.
In direkter Nähe befindet sich das Kanzleramt von Axel Schultes, in dessen Ehrenhof Eduardo Chillidas Skulptur „Berlin“ steht. Diese stellt eine Fortführung der „Windkämme“-an den Küsten der Heimat des Künstlers dar und thematisiert unter anderem die Wiedervereinigung Deutschlands. Fast ideal wird der Aufbruch in ein neues, offenes Europa versinnbildlicht. Mit dem Bus ging es weiter zur Staatsbibliothek, von der aus man einen guten Blick auf die Neue Philharmonie hat. Beide Gebäude stammen von Hans Scharoun, einem der bedeutendsten Vertreter der organischen Architektur. Daneben beeindruckte die Neue Nationalgalerie, deren Bau auf den nie realisierten Entwurf für das Bürogebäude des Bacardi-Konzerns in Santiago de Cuba von Mies van der Rohe zurückgeht. Auf seiner Dachterrasse betrachteten wir Skulpturen von Alexander Calder, Barnett Newman und Richard Serra, die uns schon im Seminar vorgestellt wurden. In der Ausstellung „Der geteilte Himmel“ – figürliche und abstrakte Tendenzen nach dem Zweiten Weltkrieg“ führten Referate über Malerei und Skulptur zu regen Diskussionen über diese alternative Kunstformen. Nach einer kurzen Mittagspause traf man sich im Hamburger Bahnhof, der Platz bietet für monumentale Skulpturen wie Anselm Kiefers „Mohn und Gedächtnis – Der Engel der Geschichte“, Dieter Roths „Gartenskulptur“, Bruce Naumans „Room With My Soul Left Out, Room That Does Not Care“ und Joseph Beuys’ „Tallow“, die in jeweils besonderer Weise das Verhältnis zwischen Subjekt, Raum und Nichtraum formulieren.
Der Sonntag begann mit einer Erkundung von Skulpturen im Stadtraum (von Christian Boltanski, Dan Graham und Joseph Kosuth), die uns schließlich zum Neuen Museum führte. Nach der Erläuterung der ursprünglichen Architektur von Friedrich August Stüler und dem Wiederaufbau von David Chipperfield wurden wir durch die Ausstellung „Der Berliner Skulpturenfund – Entartete Kunst im Schutt“ geführt. In der mit viel Eleganz rekonstruierten klassischen Architektur führt David Chipperfield Vergangenheit und Gegenwart künstlerisch zusammen. Als besonderes Highlight erwartete uns die Büste der Nofretete, die in ihrer idealen Zeitlosigkeit einen Kontrast mit den Werken der „entarteten“ Kunst bildet. Die gegenüber des Neuen Museums gelegene Alte Nationalgalerie beeindruckte nicht nur durch die mächtige doppelseitige Treppe und den reichhaltigen Figurenschmuck, sondern vor allem durch die Sammlung zahlreicher Gemälde und antiker Skulpturen. Den Beginn des Rundgangs bildete hier „Die Prinzessinnengruppe“ von Johann Gottfried Schadow, die Kronprinzessin Luise und ihre Schwester Friederike in romantischer Anmut zeigt. Das nächste große Thema bildete der Realismus in der deutschen Malerei mit Adolf Menzel als Hauptvertreter. Dessen genau berechnete Lichtführung grenzt ihn von den später behandelten französischen Impressionisten ab, deren Bildprogramm sich bevorzugt auf Farben und Formen stützt. Den Abschluss des Rundgangs bildete das Referat zu Caspar David Friedrichs „Mönch am Meer“ und „Abtei im Eichwald“, deren spürbare Ruhe im starken Kontrast zu den im Nebenraum hängenden Bildern Gerhard Richters zur „Roten Armee Fraktion“ stand.
Nach den von Studierenden gehaltenen Referaten im Alten Museum trafen wir uns im Bayrischen Viertel mit der Künstlerin Renata Stih, um ihre gemeinsam mit Frieder Schnock entstandene Arbeit „Orte des Erinnerns“ kennen zu lernen. Es handelt sich um ein Denkmal zur Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten im Alltagsleben. Ihre souveräne Art des Vortragens begeisterte Studierende und Gasthörer bzw. Gasthörerinnen gleichermaßen, so dass am Ende unserer Tour durch das Viertel eine Einladung nach Erlangen an die beiden Künstler ausgesprochen wurde. An dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Gasthörerinnen und Gasthörer, die anboten den Vortrag an unserer Universität möglich zu machen und uns anschließend auch noch zum Abendessen einluden.
Der Tag unserer Abreise begann mit bedeutenden Werken des Architekten Karl Friedrich Schinkel. Wir sahen das Alte Museum und die Neue Wache neben dem Zeughaus. Unter den Linden entlang in Richtung Brandenburger Tor laufend kamen wir an diversen Kunstwerken im Stadtraum vorbei, wie Micha Ullmans „Bibliothek“, dem Reiterstandbild Friedrich des Großen von Christian Daniel Rauch und Stephan Balkenhols „Großer Mann mit kleinem Mann“. Zu angeregter Diskussion führte vor allem Käthe-Kollwitz’ Skulptur „Mutter mit totem Sohn“ im Inneren der Neuen Wache. Die Plastik drückt die Trauer einer Mutter aus, die ihren Sohn verloren hat. In ihrer Vergrößerung soll sie jedoch die Trauer um alle Opfer von Kriegen ausdrücken. Vielen Dank an Prof. Dickel für diese interessante und lehrreiche Reise in die Hauptstadt mit ihrer kulturellen Vielfalt.
Anne-Kathrin Barth, Svenja Rickertsen, Xenia Brosig