2015 – Barcelona
Exkursion nach Barcelona vom 08. bis 12. April 2015
In der Vorlesung „Spanische Moderne“ entstand auf Anregung einiger Gasthörer die Idee, Kunstwerke und Architektur doch auch vor Ort zu betrachten. So wurde eine außerplanmäßige Exkursion in die katalanische Hauptstadt Barcelona beschlossen, die unter der Leitung von Prof. Dr. Dickel und mit Unterstützung und Teilnahme von Gasthörern stattfinden konnte.
Tag 1 | Mittwoch, 08. April
Barcelona begrüßte uns nach hartem deutschen Winter mit sonnigem Wetter und glasklarem Licht. Nach dem Bezug der Zimmer in einem Hotel im rasterartig angelegten modernen Stadtviertel Eixample begannen wir auf den Ramblas mit dem Programm, einem Referat zu Joan Mirós rundem Fußbodenmosaik und seinen elementaren Zeichen. Anschließend besichtigte die Gruppe den von Palmen bestandenen Plaça Reial (katalanisch für „Königlicher Platz“) mit seinen ausladenden Kandelabern. Die erste Begegnung mit dem Werk des Architekten Gaudí bot das noch historistisch prachtvolle Wohnhaus Palau Güell. Am Hafen blickten wir auf die gigantische Columbus-Säule, die im Rahmen der Weltausstellung 1888 entstand und den Entdecker Amerikas feiert.
Nach einer kurzen Fahrt mit der Metro konnten wir den Außenbau der Fundació Antoni Tàpies von Lluis Domenech i Montaner bewundern, den eine Stahlskulptur auf dem Dach, gefertigt von Antoni Tàpies, gegenüber den Nachbarhäusern auszeichnet. In der Sammlung lernten wir seine Entwicklung von den surrealistischen Anfängen bis zur informellen, aber chiffrenreichen Malerei der 1970er Jahre kennen.
Tag 2 | Donnerstag, 09. April
Am frühen Morgen des zweiten Tages stießen wir auf eine Plastik von Eduardo Chillida, deren Ortsbezug wir im Anschluss an die Vorlesung direkt am Plaça del Rei diskutieren konnten. Durch das enge Straßennetz des Barri Gòtic gingen wir zur Catedral de Santa Eulàlia, in der uns die Referentinnen, mehrfach unterbrochen von klerikalen Wachen, vom Chorgestühl bis zu den Schlusssteinen, vom Kreuzgang bis zur Fassade, vieles erklären konnten.
Die folgenden Beiträge galten den Eisenbauten aus der Zeit der Industrialisierung. Zuerst wurde die belebte Markthalle Santa Caterina vorgestellt, wo wir auch die vielfältige Esskultur der Katalanen bewundern konnten. Anschließend besichtigten wir den Mercat del Born, über dessen römischen Fundamenten sich heute ein Kulturzentrum erhebt. Die Kirche Santa Maria del Mar aus dem 14. Jahrhundert beeindruckte uns mit ihrer stolzen Höhe und Stilreinheit.
Nach einer kurzen Pause fuhren wir in ein modernes Viertel außerhalb der Altstadt. Das Auditorium von Rafael Moneo konnte nur durch seine Form überzeugen, die bauliche Ausführung litt offenbar unter Sparmaßnahmen. Auch das schrille Museu del Disseny (Museum für Gestaltung) fand nur wenig Zuspruch. Das Verwaltungsgebäude der spanischen Wasserversorgung, der Torre Agbar, zog dagegen alle Blicke auf sich. Glücklicherweise konnten wir die Lobby betreten und somit das Farbenspiel der Lamellen von innen durchschauen.
Zurück in der Innenstadt konnten wir drei Wohnhäuser vergleichen, die Casa Lleó i Morera von Montaner (Jugendstil), die Casa Batlló von Gaudí, die schillernde Diva mit dem maritim verspielten Fassadenschmuck, und schließlich die Casal de Sant Jordi, deren nüchterne Gliederung sich eher an klassischen Vorbildern orientiert.
In den Abendstunden kamen wir zum Museu d’Art Contemporani/MACBA und hörten ein Referat zu Pep Dardanyà Installation Car je est un autre (nach Arthur Rimbaud). Nahe der Skulptur El Lucero Herido (Der verletzte Komet) von Rebecca Horn aus dem Olympiajahr 1992, also direkt am Strand, überraschten uns die Gasthörer mit der Einladung in ein Fischrestaurant, es wurde der kulinarische Höhepunkt der Reise.
Tag 3 | Freitag, 10. April
Den ersten Programmpunkt unseres dritten Exkursionstages stellte das modernistische CaixaForum in der ehemaligen Textilfabrik Casaramona dar. Prägnant ist besonders der moderne Eingangsbereich des japanischen Architekten Arata Isozaki.
Die beiden folgenden Referate standen im Zeichen der Weltausstellung des Jahres 1929. Große Begeisterung rief bei allen Teilnehmenden der Deutsche Pavillon von Mies van der Rohe hervor. Der freie Grundriss und die hellen Glasfronten bringen Wände und Böden aus den verschiedensten Gesteinsarten optimal zur Geltung.
Nach einem Aufstieg auf den Berg Montjuïc besichtigten wir das Spanische Dorf. Die bunt zusammengewürfelten Architekturzitate bilden typische Sehenswürdigkeiten aus verschiedenen Regionen Spaniens nach. Anschließend unternahmen wir eine Führung über das gesamte Olympiagelände, welches 1992 erbaut wurde. Diskussionen entstanden über die monströse Architekturverkleidung des Stadions sowie über den Torre Telefonica, dessen muschelförmiger Fuß nicht alle Teilnehmer der Exkursion überzeugen konnte.
Nach einer Mittagspause besuchten wir das Museu Nacional d’Art de Catalunya (MNAC) und konnten endlich das modernistische Interieur der bereits vorgestellten Wohnhäuser bewundern. Nach einem Referat über die Zigeunerinnenporträts von Isidre Nonell debattierten wir lange über Ethik und Ästhetik der Darstellung von Armut. Als weiteren Künstler der Gruppe „Quatre Gats“ lernten wir Ramon Casas kennen, der neben Gemälden auch Kohlezeichnungen seiner Zeitgenossen anfertigte, u. a. von Picasso. Die Eisenskulpturen von Pablo Gargallo, deren Erscheinungsbild sich bei jeder Bewegung im Raum verändert, zeigten einmal mehr den Vorteil des „Studiums vor Originalen“.
In der Fundació Joan Miró, modernistisch gebaut von Josep Lluis Sert, gewannen wir einen Eindruck von der vielfältigen Schaffenskraft dieses Künstlers. Vorbereitet durch Referate bekamen wir die Möglichkeit, verschiedene Gemälde, Assemblagen, Wandteppiche und Plastiken aus allen Phasen seines Werkes zu sehen.
Tag 4 | Samstag, 11. April
Der vierte Tag unserer Exkursion stand ganz im Zeichen der katalanischen Modernisme-Bauten.
Nach einem sehr kurzen Frühstück mussten wir das Zeitfenster für den Parc Güell erreichen. Die Besichtigung der Außenanlage mit ihren charakteristischen Bauten konnte dann aber nach kurzer Diskussion mit dem Aufsichtspersonal fortgesetzt werden. Besonders in Erinnerung werden uns die naturnahen Gestaltungselemente und die schlangenförmige Sitzbank mit dem weiten Blick über Barcelona bleiben.
Mit der Metro ging es weiter zum Hospital de la Santa Creu i Sant Pau. Nach einem kurzen Referat über das Eingangsgebäude mussten wir uns der sehr genauen Sicherheitskontrolle unterziehen, wurden aber belohnt durch den Blick auf die aufwändige Ausschmückung der diversen Pavillons.
Nach der Mittagspause gingen wir die Avinguda de Gaudí entlang und näherten uns, einigen Ausführungen zur Geschichte des Bauwerks lauschend, der Sagrada Familía von Gaudí. Bei der Betrachtung des Außenbaus erschlossen wir uns gemeinsam das ikonografische Programm. Besonders bemerkenswert ist die ungewöhnliche Darstellung von Jesus als Zimmermann in der Werkstatt seines Ziehvaters. Der lichtdurchflutete Innenraum warf durch die gotische Anmutung seiner verästelten Säulen, die das einzigartige Gewölbe tragen, einerseits besondere Begeisterung hervor, andererseits stellte dieser Bezug zur Gotik einigen Diskussionsbedarf her, wobei der Begriff „Kitsch“ in Bezug auf Gaudís Bauwerk fiel. Dieses „Unwort“ verfolgte uns den Rest des Tages und rief einige Meinungsverschiedenheiten hervor.
Ein weiteres Wohnhaus des Architekten erwartete uns als nächster Programmpunkt. Die Casa Milà aus dem Jahr 1910 ist besonders durch die wellenförmige Fassadengestaltung ohne Ecken und Kanten prägnant im Stadtbild Barcelonas. Nach einer kurzen Pause und einem schnellen Gang zum Palau de la Música Catalana wurde uns die Außenfassade des Konzerthauses vorgestellt. Anschließend hatten wir durch Herrn Mörtels Engagement die Möglichkeit, auch die Lobby und den beeindruckenden Konzertsaal im Rahmen eines Konzertes über Filmmusik zu erleben und den Abend angenehm ausklingen zu lassen.
Tag 5 | Sonntag, 12. April
Nach langen Verhandlungen war es gelungen, für den letzten Tag einen Termin im vielbesuchten Picasso-Museum zu bekommen. Dort konnten wir Einblicke in die kubistische Phase des Künstlers gewinnen, in einer Sonderausstellung seine Kunst der 1920er und 30er Jahre mit jener Salvador Dalís vergleichen und schließlich den Bezug seiner Las Meninas auf das gleichnamige Werk von Velazquez erkennen. Am Flughafen erhielten wir das finale Referat über den neuen Flughafen El Prat.
Unser ausdrücklicher Dank geht besonders an alle Gasthörer, die diese außerplanmäßige Exkursion durch finanzielle Mittel erst ermöglichten. Hervorzuheben ist die gemeinsame Vorbereitungs- und Organisationsarbeit von Herrn Mörtel und Herrn Wild, die uns ein Rundum-Sorglos-Packet bescherte. Ihnen ist zu verdanken, dass niemand im weitläufigen Metrosystem verloren ging und alle Besuche planmäßig stattfinden konnten. Natürlich wäre die Exkursion auch nicht möglich gewesen ohne die freiwillige Arbeit, die Herr Dickel unter Aufopferung seiner Freizeit für diese besondere Stadtbesichtigung geleistet hat. Keineswegs dürfen die Studierenden mit ihren Referaten und Führungen vergessen werden, die unsere Exkursion zu etwas Einmaligem werden ließen.
Vielen Dank an alle Teilnehmer und besonders an die Organisatoren!
Text: Julia Völker und Viktoria Strauß
Hier finden Sie die Präsentation der Exkursion als PDF.